Ausblick Immobilienmarkt Deutschland

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Die Hybridarbeitswelt und ihre Konsequenzen für die Büromärkte

Das Büro bleibt - Homeoffice aber auch

Als mit Beginn der Pandemie praktisch alle Bürobeschäftigten der Welt geleichzeitig vom Unternehmensbüro ins Homeoffice umzogen, war eines jedem klar: So würde es nicht bleiben. Doch während die einen dieses weltumspannende Experiment als den Beginn vom Ende des traditionellen Büros ausmachten, erwarteten die anderen die vollständige Rückkehr in selbiges, spätestens nach dem Ende der Pandemie. Natürlich waren die meisten Stimmen, wie immer in solchen Debatten, gemäßigter. Gestritten wurde trotzdem heftig, und mangels fundierter Erkenntnisse vor allem auf der Grundlage persönlicher Erfahrungen, bekannter Anekdoten und individueller Weltanschauungen.

Trefflich streiten lässt sich immer noch. Allerdings nicht mehr ernsthaft darüber, ob das Büro eine Zukunft hat, sondern nur noch darüber, wie es sich in einer Welt mobiler Schreibtischarbeit verändern wird. Denn während das Coronavirus hierzulande längst endemisch geworden ist, hat sich die Homeoffice-Quote auf hohem Niveau stabilisiert (siehe Abbildung unten). Etwa ein Viertel aller Beschäftigten arbeitet wenigstens teilweise zu Hause, wobei viele Menschen ihrer Arbeit überhaupt nicht im Homeoffice nachgehen können (Fabrikarbeiterinnen, Kassierer, Pflegekräfte etc.). In typischen "Bürobranchen", etwa der Unternehmensberatung, liegt die Quote weit darüber und erreicht in der Spitze mehr als 70 %.


Doch nicht nur die Arbeit von zu Hause hat mit der Pandemie einen kräftigen Schub bekommen. Dasselbe gilt auch für die Forschungsaktivitäten zum mobilen Arbeiten, sodass heute eben nicht mehr auf Basis von Empfindungen, sondern auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse gestritten werden kann. Und maximal verkürzt lässt sich die zentrale Erkenntnis der Forschung in unseren Augen so zusammenfassen: Kein Büro ist keine Lösung - kein Homeoffice aber auch nicht. Anders formuliert: Für die meisten Unternehmen ist ein hybrider Ansatz, also ein Mix aus dem Arbeiten im Unternehmensbüro und von zu Hause oder an anderen Orten, am vorteilhaftesten.

Arbeitsmodelle im Vergleich: Hybridmodell am vorteilhaftesten

Im Kern haben Unternehmen heute die Wahl zwischen drei verschiedenen räumlichen Arbeitsmodellen. Sie können erstens auf ein eigenes Unternehmensbüro verzichten und ihre Beschäftigten vollständig im Homeoffice oder an anderen Orten wie Coworking Spaces arbeiten lassen (Remote-Modell). Zweitens können sie auf vollständige Präsenz im Unternehmensbüro setzen (Präsenzmodell) und drittens den hybriden Mittelweg wählen, bei dem sowohl im Unternehmensbüro als auch an anderen Orten gearbeitet werden kann (Hybridmodell).

Der Hybridansatz ist vielgestaltig und seine konkrete Gestalt formen Unternehmen vor allem anhand zweier Parameter: dem Maß an Entscheidungszentralität und dem Maß an Flexibilität. Bei höchster Entscheidungszentralität gelten die Regelungen zum mobilen Arbeiten unternehmensweit, bei höchster Dezentralität wird mit jedem Mitarbeitenden eine individuelle Vereinbarung getroffen. Dazwischen liegen zum Beispiel abteilungs- oder teamspezifische Regelungen. Volle Flexibilität ist gegeben, wenn alle Beschäftigten jederzeit selbst darüber entscheiden dürfen, wo sie ihre Arbeit erledigen. Von diesem so genannten unstrukturierten Hybridansatz unterscheidet sich der strukturierte dadurch, dass der Flexibilität der Mitarbeitenden Grenzen gesetzt werden, indem Vorgaben gemacht werden, wie oft bzw. wann im Unternehmensbüro gearbeitet werden soll. Die häufig zu lesenden "Zurück ins Büro"-Schlagzeilen, die das mediale Bild der letzten Monate prägten (z. B. über Zoom), beziehen sich nicht etwa auf einen Wechsel vom Remote-Modell ins Hybridmodell und schon gar nicht auf eine Rückkehr zu vollständiger Anwesenheit, sondern zumeist auf den Wechsel vom unstrukturierten zum strukturierten Hybridansatz.

Vergleicht man das Hybridmodell auf Basis wissenschaftlicher und empirischer Erkenntnisse hinsichtlich der drei für Unternehmen erfolgskritischen Faktoren ‚Produktivität‘, ‚Kosten‘ und ‚Talentpool‘ mit den beiden anderen Modellen, so lässt sich daraus ableiten, dass es für die meisten Unternehmen die beste Wahl ist (siehe Tabelle unten). Manche Unternehmen werden das vollständig mobile Arbeiten wegen seiner erheblichen Kostenvorteile und seiner potenziell unbegrenzten Rekrutierungsreichweite bevorzugen, auch wenn es deutliche Produktivitätsnachteile gegenüber den beiden anderen Modellen aufweist. Für das Präsenzmodell spricht hingegen wenig, ist es doch dem Hybridmodell in allen drei Belangen unterlegen (siehe Seitenende: detaillierte Erläuterung der drei Modelle).


Angesichts dieser Ergebnisse halten wir es für wahrscheinlich, dass künftig weitere Unternehmen von der Präsenzpflicht auf den hybriden Ansatz umschwenken. Schon heute setzen praktisch alle großen (Dienstleistungs-)Unternehmen, darunter sämtliche Dax-Konzerne, auf hybrides Arbeiten. Laut einer Erhebung von ifo und Randstad bieten 94 % der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, verfolgen also mutmaßlich ein Hybridmodell. Insgesamt gilt dies für etwa die Hälfte aller Unternehmen mit einer Deutschland-Präsenz. Bei schätzungsweise 40 % gilt (wieder) vollständige Präsenzpflicht. Doch auf Dauer werden es sich wohl nur wenige dieser Unternehmen erlauben können, die Nachteile im Hinblick auf Produktivität, Kosten und Talentpool in Kauf zu nehmen, die damit offensichtlich verbunden sind und viele dürften ebenfalls zum hybriden Arbeiten übergehen. Zwar dürfte sich dieser Wandel von nun an wesentlich langsamer vollziehen als bislang und auch vorübergehende Gegenbewegungen beinhalten, insgesamt ist das hybride Arbeiten aber die neue Normalität und es spricht in unseren Augen mehr für eine weitere Expansion dieses Arbeitsmodells als für seinen Rückzug.

Kein Büromonopol mehr, sondern Koexistenz verschiedener Arbeitsorte

Käme es so, könnte auch die Homeoffice-Quote nochmal einen Schub erhalten. So ist gemäß einer Analyse des ifo-Instituts mehr als die Hälfte aller Jobs in Deutschland mindestens teilweise Homeoffice-kompatibel. Dass dieses Potenzial bislang bei Weitem noch nicht ausgeschöpft wird, dürfte jedoch nicht nur mit persönlichen Vorlieben sowie Unternehmensregelungen zu tun haben, die das Arbeiten von zu Hause nicht erlauben, sondern auch mit fehlender technischer Ausstattung und anderen Hürden, die die Menschen am Arbeiten in den eigenen vier Wänden hindern. Wenigstens manche dieser Hürden dürften im Laufe der Zeit abgebaut werden und zur weiteren Verbreitung des Homeoffice beitragen.

Das Homeoffice dürfte sich nicht nur weiter verbreiten, auch seine Intensität könnte weiter steigen. Aktuell arbeiten die Bürobeschäftigten in Deutschland im Durchschnitt circa eineinhalb bis zwei Tage pro Woche im Homeoffice. Umfragen zeigen, dass das weitgehend im Einklang mit den Vorstellungen der Unternehmen steht und die meisten ihre geltenden Homeoffice-Regelungen beibehalten wollen. Die Beschäftigten wiederum wünschen sich im Schnitt noch einen weiteren Homeoffice-Tag pro Woche. Inwieweit ihnen die Arbeitgeber hier entgegenkommen, bleibt abzuwarten. Die Differenz zeigt jedoch, dass der Aushandlungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

Doch ganz gleich, ob das mobile Arbeiten weiter expandiert oder nicht, eines lässt sich mit Gewissheit konstatieren: Das Unternehmensbüro hat sein Monopol als Ort für Schreibtischarbeit verloren und muss sich künftig im Wettbewerb mit anderen Orten behaupten - vor allem dem Homeoffice. Ohne Unternehmensbüro funktioniert allerdings auch ein Hybrid-Ansatz nicht, der künftig wohl für die meisten Unternehmen Standard sein wird. Als ein Arbeitsort unter mehreren bleibt das einzelne Büro also unersetzlich. Für die Büromärkte im Ganzen dürfte der Wandel zu einer Hybridarbeitswelt jedoch spürbare Konsequenzen haben, die sich bislang nur in Ansätzen erkennen lassen.

Geringerer Büroflächenbedarf durch mobiles Arbeiten

Auch wenn sich mangels belastbarer Daten nicht genau sagen lässt, wie stark die Büros in Deutschland im Durchschnitt ausgelastet sind, ist eines sicher: Sie sind bei Weitem nicht voll ausgelastet und auch deutlich weniger frequentiert als vor der Pandemie. Mehrere Erhebungen deuten auf eine durchschnittliche Auslastung zwischen 40 % und 50 % hin, wobei die Auslastung mit steigender Bürogröße zu sinken scheint. Vor der Pandemie lagen die Auslastungen wahrscheinlich typischerweise zwischen 60 % und 80 %. Das heutige Niveau bedeutet also einen Rückgang um etwa ein Drittel.

Zwar übersetzt sich die geringere Auslastung der Büros nicht eins zu eins in einen geringeren Büroflächenbedarf, weil sich der Bedarf auch an den Auslastungsspitzen orientieren muss. Dennoch zeichnet sich ab, dass das mobile Arbeiten zu einem geringeren Büroflächenbedarf führt. Manche Unternehmen haben ihren Pro-Kopf-Büroflächenverbrauch bereits reduziert, viele andere werden das noch tun. In einer Erhebung des ifo-Instituts gaben 9,1 % der befragten Unternehmen an, ihre Bürofläche wegen verstärkter Homeoffice-Arbeit noch reduzieren zu wollen. Auf den ersten Blick scheint es sich also um eine vernachlässigbar kleine Minderheit zu handeln, allerdings trügt dieser Schein. Zum einen wurden alle Unternehmen befragt, auch solche, die gar keine oder nur in sehr geringem Umfang Büroflächen nutzen (z. B. Einzelhändler, Gastronomen, Beherbergungsbetriebe, Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes). Ein Blick auf die einzelnen Branchen zeigt, dass der Anteil unter typischen Büronutzern durchweg über dem Durchschnitt liegt und bis zu 40 % erreicht. Zum anderen steigt der Anteil der Reduktionswilligen mit der Unternehmensgröße an. Bei Großunternehmen (mindestens 250 Beschäftigte oder mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz) liegt er bei 16,5 %. Das passt zu dem Befund, dass die meisten dieser Unternehmen den Hybridansatz verfolgen und ist deshalb relevant, weil diese Großunternehmen fast die Hälfte aller Beschäftigten auf sich vereinen. Somit beanspruchen sie auch überproportional viel Bürofläche. Wie hoch der Anteil der Büronutzer nun tatsächlich ist, der wegen des mobilen Arbeitens einen geringeren Büroflächenbedarf hat, lässt sich auf Basis der ifo-Daten nicht ermitteln und auch andere belastbare Daten dazu existieren bislang nicht. Einzelne Erhebungen sowie unsere eigenen Beobachtungen deuten darauf hin, dass er im Flächensegment ab etwa 1.000 m² im mittleren zweistelligen Bereich liegt.

Um den gesamten Effekt des mobilen Arbeitens auf die Büroflächennachfrage abschätzen zu können, ist nicht nur relevant, wie viele Unternehmen ihre Bürofläche reduzieren, sondern auch, in welchem Ausmaß sie dies tun. Hier ist die Datenlage noch schlechter und sie wird sich voraussichtlich in absehbarer Zeit auch nicht wesentlich verbessern, sodass man auf Schätzungen angewiesen ist. Das Ausmaß der Flächenreduktion variiert dabei stark, wobei es wiederum mit steigender Betriebsgröße tendenziell zunimmt. Im Flächensegment ab 1.000 m² scheint es im Schwerpunkt bei 20% bis 30 % zu liegen.

Szenarioanalyse: Wie viel Bürofläche könnte durch das mobile Arbeiten obsolet werden?

Von diesen Beobachtungen ausgehend lässt sich nun überschlägig berechnen, wieviel Bürofläche durch das mobile Arbeiten in verschiedenen Szenarien in den nächsten Jahren strukturell obsolet zu werden droht bzw. bereits obsolet geworden ist (Letzteres ist mutmaßlich der deutlich kleinere Teil). Wir wollen uns hier auf die A-Standorte und angesichts der oben skizzierten Ausgangslage dort zunächst auf das Flächensegment ab 1.000 m² beschränken. Bei einem angenommenen Pro-Kopf-Flächenverbrauch von 20 m² entspricht dies allen Betrieben ab 50 Bürobeschäftigten. Auf diese entfallen etwa zwei Drittel aller Bürobeschäftigten in diesen Städten und damit belegen sie mutmaßlich auch etwa zwei Drittel des dortigen Büroflächenbestands.

In einem aus unserer Sicht konservativen Szenario lässt sich nun unterstellen, dass 20 % dieser Betriebe ihre Bürofläche um durchschnittlich 15 % reduzieren (inklusive derjenigen Betriebe, in denen dies bereits erfolgt ist). Daraus ergäbe sich für den Gesamtmarkt ein um 2 % geringerer Büroflächenbedarf. Bezogen auf den heute genutzten Bestand entspricht das einem Minderbedarf von knapp 2 Mio. m². In einem aus unserer Sicht wahrscheinlicheren Szenario reduziert ein Drittel aller Betriebe ab 50 Beschäftigten seinen Büroflächenverbrauch um 25 %. Das liefe auf einen Gesamteffekt von gut 5 % bzw. etwa 5 Mio. m² hinaus. Würden 75 % aller Büronutzer im Flächensegment ab 1.000 m² ihren Flächenverbrauch um ein Drittel reduzieren, würden dadurch gut 16 % bzw. fast 15 Mio. m² weniger Bürofläche in den Top-7-Märkten benötigt werden.


Diese einfachen „Bierdeckel“-Kalkulationen lassen viele Aspekte außer Acht, von denen uns drei als besonders wichtig erscheinen:

  • Sie gehen erstens davon aus, dass Unternehmen, die aktuell weniger als 1.000 m² Bürofläche nutzen, ihren Flächenverbrauch nicht verändern. Auch wenn der Anteil der Flächenreduzierer in diesem Größensegment kleiner ausfallen dürfte, ist er nicht Null. Auch hier beobachten wir Flächenreduktionen und manche dieser kleineren Unternehmen bzw. Betriebe geben ihre Büros sogar ganz auf und nutzen stattdessen zum Beispiel bedarfsweise Coworking-Flächen. Trotzdem ist nicht nur der Anteil der Flächenreduzierer kleiner, auch ist das Einsparpotenzial in diesem Flächensegment geringer (zum Beispiel wegen des höheren Anteils an weiterhin nötigen Kommunikationsflächen an der Gesamtfläche). Weil auf dieses Segment zudem nur etwa ein Drittel des Marktes entfällt, liegt der zu erwartende Gesamteffekt unseres Erachtens in jedem Fall im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
  • Die Kalkulationen ignorieren zweitens die Verteilungsschiefe, also die Tatsache, dass größere Unternehmen bzw. Betriebe ihre Bürofläche in der Tendenz stärker reduzieren als kleinere. Wie groß dieser Effekt ist, lässt sich jedoch aufgrund fehlender Daten nicht bestimmen. Er dürfte größer als der erste Effekt sein, sich aber ebenfalls im einstelligen Prozentbereich bewegen.
  • In einer hybriden Arbeitswelt, in der die Menschen nicht mehr täglich ins Büro müssen, erhöht sich möglicherweise nicht nur die räumliche Rekrutierungsreichweite einzelner Unternehmen, sondern konsequenterweise auch von ganzen Städten. Menschen, die bislang außerhalb des Pendlereinzugsgebietes einer Stadt gewohnt haben, rücken nun unter Umständen in Reichweite. Dies erhöht die Büroflächennachfrage in einer Stadt (auf Kosten des Umlandes bzw. kleinerer Nachbarstädte). Wie groß dieser Effekt ist, lässt sich nicht bestimmen, weil noch unklar ist, wie stark sich die Pendelbereitschaft der Menschen verändert hat.

Unter Berücksichtigung aller drei Aspekte fiele der Gesamteffekt in den drei oben skizzierten Szenarien vermutlich höher aus, wenngleich sich nur spekulieren lässt, in welchem Umfang. Da sich die Flächeneinsparungen der Unternehmen, wie groß auch immer sie am Ende in Summe ausfallen mögen, nicht auf einen Schlag materialisieren, sondern über viele Jahre erstrecken, drohen sie die Büromärkte nicht zu destabilisieren. Selbst ein um insgesamt 20 % geringerer Flächenbedarf verliert seinen Schrecken, wenn er sich über einen Zeitraum von zehn Jahren entfaltet. Denn auf einen (absehbaren) Minderbedarf von 2 % pro Jahr kann sich die Angebotsseite vermutlich gut einstellen, weil Eigentümer und Projektentwickler Zeit bekommen, um geeignete Maßnahmen ergreifen (z. B. Repositionierung oder Umwidmung von Objekten und Rekonzeptionierung von Projekten). Die zeitliche Streckung bedeutet aber auch, dass die Büroflächennachfrage entsprechend lange gedämpft wird. Hinzu kommt, dass sich der Flächenbedarf vieler Unternehmen nicht nur reduziert hat, ihre Anforderungen an die noch benötigten Flächen haben sich zudem gewandelt. Das wiederum heißt, dass sich der Mengeneffekt nicht gleichmäßig über den Markt verteilen wird, sondern einzelne Lagen und Objekt- bzw. Flächenqualitäten überproportional betroffen sein werden.

Präferenzen der Büronutzer in der mobilen Arbeitswelt

Insgesamt fehlt es noch an Erkenntnissen und Daten darüber, wie genau sich die Präferenzen der Büronutzer durch das mobile Arbeiten verändert haben. Die folgenden Ausführungen basieren daher auf einzelnen Datenpunkten, Indizien und allgemeinen Überlegungen. Wir wollen die in unseren Augen wahrscheinlichen Entwicklungen skizzieren, die den Büroeigentümern und anderen betroffenen Akteuren als erste Ankerpunkte dafür dienen können, ihre Strategien an die quantitativ geringere und qualitativ veränderte Büroflächennachfrage adäquat anzupassen.

Recht sicher sind wir uns, dass das Segment großer Flächen überproportional vom Nachfragerückgang durch das mobile Arbeiten betroffen sein wird. Wie beschrieben besteht zwischen dem Flächeneinsparpotenzial und der Bürogröße ein positiver Zusammenhang, sodass die bislang größten Büros tendenziell am stärksten schrumpfen dürften. Eventuell zeigt sich dieses Phänomen bereits in den Flächenumsatzstatistiken: Während im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2022 ein Fünftel des Flächenumsatzes in den Top-6-Märkten auf Anmietungen bzw. Eigennutzertransaktionen von Flächen ab 10.000 m² entfiel, waren es in den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 nur 9 %. Dass ihr Anteil so stark gesunken ist, dürfte auch am konjunkturellen und unsicheren Umfeld liegen. Es erscheint uns jedoch sehr unwahrscheinlich, dass das der einzige Grund ist, denn auch in anderen wachstumsschwachen Jahren trugen solche Großabschlüsse wesentlich mehr zum Flächenumsatz bei als zuletzt.

Einfach gesagt, werden große Flächen, wenn sie schrumpfen, zu mittelgroßen Flächen. Und da mittelgroße Flächen zwar auch schrumpfen, aber weniger stark, wird es in diesem mittelgroßen Flächensegment einen Bereich geben, wo die Nachfrage künftig höher ausfällt als bisher. Welcher Größenbereich das genau ist, lässt sich nicht prognostizieren. Was sich sagen lässt: Heute ist eine angemietete Fläche durchschnittlich etwa 1.000 m² groß und dieser Wert dürfte künftig niedriger ausfallen.

Im Hinblick auf die Lagepräferenzen deutet sich an, dass die traditionell am stärksten nachgefragten Bürolagen in der Gunst der Unternehmen nun nochmals gestiegen sind (CBD bzw. Innenstadt), wohingegen die wenig attraktiven Lagen überproportional stark vom Nachfragerückgang betroffen sind. Darauf deuten unter anderem der seit Pandemiebeginn leicht gestiegene Anteil der CBD-Lagen am Flächenumsatz sowie die anhaltend niedrigen Leerstände und die weiter steigenden Mieten in diesen Lagen hin. In den C-Lagen lässt sich Gegenteiliges beobachten. Doch auch innerhalb der zentralen Lagen rechnen wir mit einer stärkeren Ausdifferenzierung. Bezogen auf die Mieten hieße das bildlich gesprochen, dass der Mietgipfel höher ist als bisher, die Bergwände allerdings steiler und der Fuß dieses Berges entsprechend schmaler werden (siehe Abbildung unten).

Auch andernorts dürfte sich das Mietgebirge erheblich umformen. Auf der Verliererseite sehen wir in erster Linie die klassischen Backoffice-Standorte. Das hat vor allem zwei Gründe, die sich wechselseitig verstärken. Erstens sind diese Lagen für die dort Arbeitenden häufig wenig attraktiv, weil sie kaum urbane Annehmlichkeiten bieten. Zweitens sind die Tätigkeiten, die in den Büros dieser Lagen häufig im Vordergrund stehen, von wenig Kollaboration geprägt und dadurch fürs Homeoffice in besonderer Weise prädestiniert. Das daraus resultierende Flächeneinsparpotenzial in diesen Lagen dürfte deshalb besonders hoch sein und die Nachfrage entsprechend stark zurückgehen.

Umgekehrt dürfte es neben den CBD- bzw. City-Kernen weitere Lagen geben, in denen das mobile Arbeiten zu einem Nachfragewachstum führt. Zu erwarten ist das zum Beispiel für dicht besiedelte Wohnquartiere, vor allem der Mittelschicht. Dort gibt es wahrscheinlich jede Menge Menschen, die zwar gerne (häufiger) zu Hause arbeiten wollen, das aber zum Beispiel deshalb nicht können, weil ihnen der Platz dafür fehlt. Wohnortnahe Coworking-Angebote könnten diese Bedürfnislücke schließen.

Wie sich die Präferenzen der Nutzer in Bezug auf die Flächenqualitäten und -kriterien verändert haben, scheint am wenigsten klar. Dass die Spitzenmieten trotz steigender Leerstandsraten immer noch wachsen, ist ein Indiz dafür, dass die Flächenanforderungen der Nutzer in Summe gestiegen sind. Dieser viel zitierte „Flight to Quality“ bedeutet aber nicht, dass nun nur noch moderne Büroflächen gefragt sind. Vielmehr verschiebt sich der Nachfrageschwerpunkt hin zu höherwertigen Flächen und nur die schlechtesten Flächen werden künftig keinen Nutzer mehr finden. Für Eigentümer heißt das: Nicht jede Fläche, auch nicht jede von unterdurchschnittlicher Qualität, muss zur Top-Fläche modernisiert werden. Das wird in vielen Fällen sogar unwirtschaftlich sein, etwa weil sich im betreffenden Teilmarkt keine ausreichend hohen Mieten erzielen lassen, um die Modernisierungskosten einspielen zu können. Ohnehin gibt es nach unserer Auffassung noch keine gesicherten Erkenntnisse darüber, ob und wie sich die Kriterien, die eine Bürofläche zur Top-Fläche machen, im Zuge des mobilen Arbeitens verändert haben. Möglicherweise sind es dieselben Kriterien, die für die eigentlichen Nutzer einer Bürofläche – nämlich die Menschen, die dort arbeiten – schon vorher wichtig waren (nachzulesen zum Beispiel in unserem „Spotlight: Das perfekte Büro. Was Mitarbeiter wollen“) und die nun von ihren Arbeitgebern im Bemühen ihre Mitarbeitenden möglichst häufig ins Büro zu locken ernster genommen werden als zuvor. In diesem Fall hätten Eigentümer bereits einen verlässlichen Kompass zur Hand, wie eine Bürofläche auszusehen hat, die auch in einer Hybridarbeitswelt bestehen kann. Anderenfalls könnte es sinnvoller sein abzuwarten, bis mehr Klarheit darüber herrscht, ob und wie sich die Nutzerpräferenzen durch das mobile Arbeiten verändern werden.