Der Umzugsstau wird länger
Im Jahr 2023 haben wir an den Top-6-Bürovermietungsmärkten mit 2,2 Mio. m² den niedrigsten Flächenumsatz seit 2009 verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr fiel er um 26 % geringer aus. Die Spitzenmieten sind im Jahresverlauf um 6 % angestiegen. Bei den Median- und Durchschnittsmieten fiel der Anstieg mit 2 % bzw. 4 % etwas geringer aus. Die Leerstandsquote legte im gleichen Zeitraum um 80 Basispunkte auf 5,6 % zu. Mehrere nachfragehemmende Faktoren prägten das Jahr. Neben der strukturell geringeren Nachfrage durch den Wandel zur hybriden Arbeitswelt hat sich die schlechte wirtschaftliche Lage Deutschlands negativ auf die Bürovermietungsmärkte ausgewirkt. Viele Nutzer sind deutlich kostensensibler geworden und scheuen in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage Risiken und damit Investitionen, mit denen Umzüge und Neuanmietungen zwangsweise verbunden sind.
Anteil der Vertragsverlängerungen steigt
Der reduzierte Flächenumsatz ist auch damit zu erklären, dass überdurchschnittlich viele Unternehmen im aktuellen Umfeld von einer Neuanmietung absehen und ihren bestehenden Mietvertrag verlängern. Wir beobachten, dass die Nutzer in der Regel um drei bis fünf Jahre verlängern. Dies verschafft ihnen Zeit, sich mit ihren künftigen Arbeitsplatzstrategien und ihrem Flächenbedarf auseinanderzusetzen. Nach unseren Beobachtungen sind insbesondere Großunternehmen unsicher, wie ihre zukünftige Arbeitskultur aussehen soll. Die Nutzer spekulieren auch darauf, dass sich der Markt zu ihren Gunsten entwickelt. Denn die aktuell verfügbaren Flächen genügen ihren Anforderungen häufig nicht oder sind zu teuer. Hinzu kommt, dass die Insolvenzwelle bei Projektentwicklern die Vorbehalte gegenüber Projektanmietungen erhöht hat.
Insolvenzen sorgen für Angebotslücke
Diese Skepsis eröffnet Bestandshaltern die Chance, solche Nutzer für ihre Objekte zu gewinnen. Zusätzlich könnten durch die Insolvenzwelle am Projektentwicklermarkt moderne Flächen noch knapper werden. Ein Blick auf die Büroobjekte insolventer Projektentwickler in den Top-6-Städten zeigt, dass besonders in den Jahren 2025 und 2026 eine Lücke bei Neubauflächen entstehen könnte. Fast die Hälfte des ursprünglich geplanten Volumens insolventer Projektentwickler sollte in diesen Jahren fertiggestellt werden und könnte nun fehlen oder sich verzögern. Die Top-6-Städte sind unterschiedlich stark von der Insolvenzwelle betroffen. In Berlin und Düsseldorf liegt der Anteil des betroffenen Projektentwicklungsvolumens mit 1,3 % am Büroflächenbestand deutlich höher als in Frankfurt (0,1 %) oder Köln (0,2 %). Über alle Top-6-Städte liegt der Anteil bei 0,7 %. Selbst in einem Worst-Case-Szenario, in dem keines der Projekte fertiggestellt würde, hätte dies angesichts des geringen Anteils vermutlich kaum Einfluss auf die Marktparameter.
Auch dieses Jahr unterdurchschnittlicher Flächenumsatz und noch mehr aufgestaute Umzüge zu erwarten
Da auch 2024 das konjunkturelle Umfeld angespannt bleiben dürfte und die Anpassungsprozesse an hybrides Arbeiten anhalten, dürfte die Nachfrage nach Neuanmietungen zunächst weiter gehemmt werden. Zudem dürften die Leerstände weiter steigen. Zwar könnte die Insolvenzwelle der Projektentwickler den Anstieg in besonders betroffenen Städten dämpfen, aber vermutlich nicht aufhalten. Für das laufende Jahr rechnen wir erneut mit einem Flächenumsatz, der unter dem langjährigen Durchschnitt liegt. Allerdings dürfte sich durch die seit Beginn der COVID-19-Pandemie überdurchschnittlich hohe Anzahl an Mietvertragsverlängerungen ein Umzugsstau aufgebaut haben, der sich auflösen dürfte, sobald sich das konjunkturelle Umfeld verbessert und die Unternehmen mehr Klarheit über ihren künftigen Flächenbedarf haben. Eigentümer von Flächen in guten Lagen können sich dafür in Position bringen, indem sie in ihre Flächen investieren, zumal der Nachfrageüberhang bei modernen Flächen ab 2025 aufgrund der zu erwartenden Verzögerung bei vielen Projektentwicklungen noch zunehmen dürfte.