Für viele Berlinerinnen und Berliner gehört das Homeoffice mittlerweile zum Arbeitsalltag. Dadurch sind die Büros weniger frequentiert als vor der Pandemie, was wiederum Unternehmen dazu bringt, ihre Büroflächen anzupassen. Diese Entwicklung wirft für den Berliner Büromarkt wichtige Fragen auf: Wie verbreitet ist das Homeoffice bereits? Welche Auswirkungen hat dies auf die Büroflächennachfrage? Diesen Fragen sind wir in einem Artikel für den Berliner Gewerbe-Pulsschlag der GSG nachgegangen.
Homeoffice hat sich etabliert - Hybridmodell am vorteilhaftesten
Genaue Zahlen, wie viele Berlinerinnen und Berliner regelmäßig von zu Hause arbeiten, gibt es nicht. Bekannt ist jedoch die Homeoffice-Quote für Deutschland: Sie liegt bei 25 % gemessen an allen Beschäftigten und ist seit vier Jahren stabil. Daraus lässt sich zwar keine exakte Zahl für Berlin ableiten, aber es ist davon auszugehen, dass die Homeoffice-Quote mindestens auf dem gleichen Niveau liegt, wahrscheinlich sogar darüber. Denn die Berliner Unternehmensstruktur weist eine hohe Homeoffice Affinität auf, da überdurchschnittlich viele große und junge Firmen sowie Technologie- und Digitalunternehmen ansässig sind und diese ihren Beschäftigten überdurchschnittlich viel Arbeit von zu Hause ermöglichen.
Homeoffice hat sich also etabliert und Unternehmen reagieren darauf, indem sie mehrheitlich auf ein hybrides Arbeitsmodell setzen – eine Kombination aus Homeoffice und Büropräsenz. Etwa die Hälfte der Unternehmen in Deutschland arbeitet bereits hybrid, einschließlich aller DAX-Unternehmen. Das Hybridmodell bietet Produktivitätsvorteile gegenüber dem reinen Präsenz- oder Remote-Modell und wird zudem von den Beschäftigten bevorzugt, so dass es sich als neuer Standard durchsetzen dürfte.
Wie viel Bürofläche könnte durch hybrides Arbeiten wegfallen?
Die Expansion des hybriden Arbeitens wirkt sich auch auf den Büroflächenbedarf aus, denn viele Unternehmen reduzieren ihre Bürofläche aufgrund der geringeren Auslastung. Wie viel Bürofläche in Berlin durch mobiles Arbeiten eingespart werden könnte, zeigt eine Analyse von Savills Research. Im Fokus steht das Flächensegment ab 1.000 m², da Betriebe insbesondere ab dieser Größe Flächen reduzieren. Ihr Anteil am Berliner Büroflächenbestand beträgt rund 63 %. Im mittleren Szenario wird von folgenden Annahmen ausgegangen: Ein Drittel der Betriebe mit Flächen ab 1.000 m² reduziert seine Büroflächen um ein Viertel. Das würde zu einem Rückgang des Büroflächenbedarfs um etwa 5,2 % des heutigen Bestandes bzw. 1,1 Mio. m² führen. Im konservativen Szenario wären es 0,4 Mio. m², im aggressiven Szenario 3,2 Mio. m² Bürofläche, die durch mobiles Arbeiten obsolet werden könnten. Dies dürfte den Berliner Büromarkt jedoch nicht destabilisieren, da sich der Einspareffekt über viele Jahre streckt und die Büroflächenanbieter somit Zeit bleibt, auf die geringere Nachfrage zu reagieren.
Manche wird es härter treffen
Da sich aber auch die Anforderungen an Büroflächen durch mobiles Arbeiten geändert haben, verteilen sich die Auswirkungen ungleich über den Markt. So werden bestimmte Lage- und Objektqualitäten stärker vom Nachfragerückgang betroffen sein als andere. Dabei sind zwei Aspekte besonders hervorzuheben. Erstens dürften vor allem große Flächen ab 10.000 m² überproportional verlieren, da hier das Einsparpotenzial am größten ist. In Berlin könnte dieser Effekt stärker ausgeprägt sein als in den anderen Top-6-Städten, denn das Segment hatte zwischen 2014 und 2022 mit 26 % einen überproportional hohen Anteil am Flächenumsatz. Zweitens haben sich die Standortpräferenzen verschoben. Besonders in zentralen Lagen dürfte die Nachfrage weiter steigen, denn gut angebundene Unternehmensstandorte sollen als Anreiz dienen, häufiger ins Büro zu kommen. Davon dürften vor allem die CBDs West und Ost aber auch die Teilmärkte City West, City Ost sowie die Mediaspree profitieren. Auf der Verliererseite stehen hingegen monostrukturierte Bürozentren, da ein hohes Flächeneinsparpotenzial besteht. Denn Beschäftigte arbeiten häufiger im Homeoffice, da ihre Tätigkeiten wenig kollaborativ sind und weil die Standorte durch fehlende urbane Anreize oft unattraktiv sind. Über solche Standorte verfügt Berlin aber kaum. Der Nachfragerückgang könnte eher einzelne Teilstandorte außerhalb des S-Bahn-Rings betreffen. Besonders Teilbereiche von Tegel, Tempelhof oder Treptow-Köpenick könnten unter Druck geraten.
Günstige Standortbedingungen für Umnutzungen
Durch den Wandel zur hybriden Arbeitswelt wird zukünftig weniger Bürofläche gebraucht. Die Eigentümer haben aber Zeit darauf zu reagieren, da sich der Effekt zeitlich streckt. Zudem sind in Berlin die Teillagen, die besonders von Nachfragerückgängen betroffen sein könnten, aufgrund ihrer guten Anbindung und Integration womöglich resilienter als klassische Bürozentren in anderen Städten. Denn gut integrierte Gebäude lassen sich vermutlich besser umnutzen als solche in monostrukturierten Lagen. In der stark wachsenden Stadt Berlin dürfte es zudem einen hohen Flächenbedarf durch andere Nutzungsarten wie Wohnen, Hotels oder Logistik geben, die die Gebäude stattdessen nutzen können.