In der neuen Realität angekommen
Knapp zwei Jahre, nachdem der deutsche Immobilieninvestmentmarkt auf Talfahrt gegangen ist, beobachten wir erstmals wieder (zarte) Anzeichen einer zunehmenden Dynamik, zumindest auf der Angebotsseite. Die Zahl der gestarteten oder in Vorbereitung befindlichen Verkaufsprozesse nahm in den letzten Wochen über beinahe alle Nutzungsarten hinweg zu. Damit könnte sich die nun schon eineinhalb Jahre währende Patt-Situation, in der wenigen ankaufswilligen Investoren noch weniger verkaufswillige Eigentümer gegenüberstehen, in den kommenden Monaten langsam auflösen. In den Marktzahlen für das 1. Quartal 2024 ist von höherer Dynamik jedoch noch nichts zu sehen. Das Transaktionsvolumen summierte sich auf ca. 6,0 Mrd. Euro. Das ist etwa ein Fünftel weniger als der Quartalsdurchschnitt des letzten Jahres, was jedoch allein auf den unterdurchschnittlichen Umsatz am Wohnungsmarkt zurückzuführen ist. Im Gewerbeimmobiliensegment blieben sowohl der Umsatz als auch die Zahl der Transaktionen stabil.
Gegenläufige Entwicklungen der einzelnen Nutzungen
Die Stagnation des Gesamtmarktes setzt sich allerdings aus teils gegenläufigen Entwicklungen bei den einzelnen Nutzungsarten zusammen. Während das Transaktionsvolumen im Bürosegment und bei Gesundheitsimmobilien in den letzten Monaten weiterhin rückläufig war, verzeichneten Industrie- und Logistikimmobilien wieder steigende Umsätze. Der Umsatz mit Handelsimmobilien und Hotels hat sich zumindest stabilisiert und den schwachen Wohnumsatz werten wir als Ausreißer nach unten. Eine Folge dieser divergierenden Entwicklungen ist eine neue Hierarchie der Nutzungsarten: Bezogen auf die letzten zwölf Monate (April 2023 bis März 2024) wurde das meiste Geld in Wohnungen (ca. 7,0 Mrd. Euro) investiert, gefolgt von Industrie- und Logistikimmobilien (ca. 6,4 Mrd. Euro) und Handelsimmobilien (ca. 5,6 Mrd. Euro). Büros stehen nur auf Rang 4 (ca. 4,5 Mrd. Euro). Geht es nach den Präferenzen der Investoren, dürfte sich daran zunächst auch nichts ändern. Gerade Büroimmobilien, die für mehr als ein Jahrzehnt den größten Anteil der jährlichen Investitionsvolumina am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt auf sich vereinten, haben deutlich an Zuspruch verloren. Nach wie vor finden sie sich im Ankaufsprofil der meisten risikoaversen Investoren wieder, die in Frage kommenden Objekte müssen aber über jeden Zweifel erhaben und dürfen zugleich nicht zu groß sein. Für die meisten Investoren ist bei einem hohen zweistelligen Millionen-Euro-Volumen Schluss, die präferierten Ankaufsvolumina liegen zumeist sogar deutlich unter 50 Mio. Euro. Viele Büroimmobilien, gerade in den A-Städten, sind damit im aktuellen Marktumfeld nicht liquide. Das dürfte auch der Hauptgrund dafür sein, dass der Anteil der A-Städte am gesamten Transaktionsvolumen in den letzten Monaten erheblich gesunken ist. Bezogen auf die letzten vier Quartale (Q2-23 bis Q1-24) lag er bei 37 % - das ist der niedrigste je registrierte Wert seit Beginn unserer Datenerfassung im Jahr 2009.
Vermietungsmärkte überwiegend investorenfreundlich
Die Spitzenrenditen haben sich bei allen Nutzungsarten weitgehend stabilisiert und liegen zwischen 3,6 % für Mehrfamilienhäuser und 5,7 % für Shopping-Center, wobei in den wenig liquiden Segmenten weiterhin recht hohe Unsicherheit über das Preisniveau besteht. Wir glauben, dass sich die Renditen im Wesentlichen an das neue Zinsumfeld angepasst haben dürften, wobei wir vor allem bei Büros einen weiteren (vorübergehenden) Anstieg für möglich halten. Hier rechnen wir in den kommenden Monaten mit steigendem Angebot und es ist unklar, ob diesem Angebot ausreichend Nachfrage gegenübersteht. Doch selbst bei nochmals leicht steigenden Spitzenrenditen würden die Kapitalwerte für die hochwertigen Objekte wahrscheinlich weitgehend stabil bleiben, weil das anhaltende Mietwachstum diesen Renditeanstieg wohl kompensieren würde. Das gilt für Büros ebenso wie für die meisten anderen Nutzungen. Denn trotz des schwachen konjunkturellen Umfelds sind die meisten Nutzermärkte in eigentümerfreundlicher Verfassung – die Leerstände sind niedrig und die Nachfrage steigt oder ist stabil. Angesichts der tiefen Rezession der Bauwirtschaft spricht zumindest die Angebotsseite dafür, dass das auch so bleibt. Die deutlich gestiegenen Baukosten im Verbund mit dem „Sanierungszwang“, der sich durch gesetzliche Vorgaben und Investorenanforderungen ergibt, sprechen dafür, dass die Mieten und damit die Kapitalwerte in Segmenten mit wenigstens stabiler Flächennachfrage mittelfristig steigen. Daraus ergibt sich ein attraktiver Investment-Case für jene Investoren, die jetzt Zugriff auf Kapital haben.
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