Auf den ersten Blick glänzend, auf den zweiten getrübt
Mit einem Transaktionsvolumen von rund 5,5 Mrd. Euro hat das Handelssegment 2023 die Spitze im Umsatz-Ranking aller gewerblichen Nutzungsarten erreicht. Das ist eine Möglichkeit das Investmentjahr zusammenzufassen. Eine andere wäre: Das Transaktionsvolumen ist im Vergleich zu 2022 um knapp 40 % gesunken, die Zahl der Transaktionen um 36 %. Der hohe Volumenanteil am Gewerbeinvestmentmarkt erklärt sich also durch die relative Schwäche der anderen Nutzungsarten. Gleichzeitig verzeichnete der Handelsimmobilienmarkt unter allen Segmenten den geringsten Volumenrückgang gegenüber dem Vorjahr. Dabei ist das vergleichsweise stabile Umsatzvolumen auf das liquide Nahversorgungssegment, die im Vergleich zu anderen Nutzungsarten fortgeschrittenere Preisfindung und einige großvolumige Ausnahmetransaktionen zurückzuführen.
Stabile Zinsen als potenzielle Preisstütze
Die Spitzenrenditen für Supermärkte und Discounter stiegen im 4. Quartal um 10 Basispunkte auf 4,8 %. Shopping-Center verzeichneten eine Steigerung um 20 Basispunkte, wobei wir aufgrund fehlender Transaktionen weiterhin eine Renditespanne von 5,5 % - 5,9 % ausweisen. Die Renditen für Geschäftshäuser (4,0 % - 4,4 %) und Fachmarktzentren (5,1 %) blieben unverändert. Dass es zuletzt immer noch abgebrochene Transaktionen aufgrund unterschiedlicher Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern gab, ist Ausdruck davon, dass die Preiskorrektur noch nicht abgeschlossen ist. Das gilt insbesondere für Objekte, die aus Käufersicht nicht alle Anforderungen erfüllen. Im Vergleich zu Spitzenobjekten werden diese mit deutlichen Preisabschlägen versehen. Da gleichzeitig auf Eigentümerseite bisher wenig Verkaufsdruck bestand, sind die Transaktionen ins Stocken geraten. Ein perspektivisch preisstützender Faktor ist die stabilere Zinslandschaft. Die EZB hat seit Herbst den Leitzins nicht mehr erhöht, und die Swap-Sätze sind rückläufig. Die damit verbundenen niedrigeren Finanzierungskosten könnten Deals wieder attraktiv machen, die zuvor aufgrund eines negativen Leverage-Effekts nicht rentabel schienen. Auch wenn sich das Finanzierungsumfeld entspannt hat, steht der Handelsimmobilienmarkt aufgrund der rückläufigen Nachfrage vor der Herausforderung, weniger Käufer und damit weniger Kapital anzuziehen, was das Transaktionsgeschehen zusätzlich bremst.
Großvolumige Objekte hängen in der Warteschleife
Supermärkte und Discounter dominierten mit 39 % das Transaktionsvolumen und verzeichneten ein Umsatzplus von 86 % im Vergleich zum Vorjahr. Dieses Ergebnis wurde allerdings auch von der milliardenschweren Übernahme aller Nahversorgungsimmobilien durch Slate Asset Management von X+bricks getragen. Daneben konnten einzig Kauf-/Warenhäuser mit 1,2 Mrd. Euro Transaktionsvolumen noch ein Umsatzplus verzeichnen (+ 605 % ggü. Vorjahr). Ein Ergebnis, das vor allem auf dem Verkauf eines 50 %-Anteils am KaDeWe und der Übernahme von acht Warenhäusern durch Signa Prime basiert. Shopping-Center verzeichneten im Handelssegment den stärksten Volumenrückgang mit einem Minus von 80 %. Dies ist nicht nur auf einen milliardenschweren Sondereffekt des Vorjahres zurückzuführen, sondern auch auf die Belastungsfaktoren des Segments. Denn bei Shopping-Centern kommen nahezu alle Faktoren zusammen, die aus Sicht der Investoren derzeit unattraktiv sind. Dazu zählen strukturelle Probleme am Nutzermarkt, große Transaktionsvolumen und restriktive Finanzierungsbedingungen. Die Nachfrage ist dementsprechend gering und solange der Druck auf Eigentümerseite nicht steigt, werden weiterhin vor allem kleinvolumige Value-add-Transaktionen stattfinden. Bei großvolumigen Fachmarktzentren zeigt sich ein vergleichbares Bild: Mit 740 Mio. Euro fiel das Transaktionsvolumen ebenfalls deutlich geringer aus als im Vorjahr (- 70 %) und es wirken dieselben Einflussfaktoren negativ auf das Transaktionsgeschehen. Im Jahr 2023 wurden lediglich drei Transaktionen oberhalb der Investitionsschwelle von 40 Mio. Euro verzeichnet – im Vergleich von fast 13 im 5-Jahres-Durchschnitt. Anders blicken die Investoren auf Fachmarktzentren mit einem hohen Anteil an FMCG, diese werden eher dem Nahversorgungssegment zugeordnet und können weiterhin auf eine stabile Nachfrage bauen.
Investoren zögerlich aufgrund der Lage in den Innenstädten
Der Abschwung auf dem Investmentmarkt für Handelsimmobilien hat auch die Geschäftshäuser erfasst. Das Transaktionsvolumen von 631 Mio. Euro entspricht einem Rückgang von knapp 70 %. Dabei verbesserte sich die Risikowahrnehmung des Segments aufgrund des angeschlagenen Nutzermarktes wohl kaum: Rückläufige Umsätze, zahlreiche Insolvenzen und Flächenkonsolidierungen prägten das vergangene Jahr. Aktuell befürchtet die Gastronomie die Mehrwertsteuererhöhung und die jüngste Entwicklung bei Galeria Karstadt Kaufhof wirft Fragen nach der Zukunft der betroffenen Immobilien auf. Hier drohen langwierige Umnutzungsszenarien mit großen Auswirkungen auf die betroffenen Innenstädte. Vor diesem Hintergrund agieren Investoren im Segment zunehmend zurückhaltend.
Ausblick: Zwischen zunehmendem Angebot und verhaltener Nachfrage
Die Frage nach einem möglichen Anstieg des Transaktionsvolumens richtet sich weniger an die Nachfrageseite, da diese vorerst auf niedrigem Niveau verharren dürfte. Vielmehr hängt sie von der Eigentümerseite ab und davon, ob die Verkaufsbereitschaft bzw. der Verkaufsdruck steigt. Diese Entwicklung wird das Transaktionsgeschehen des gesamten Handelsimmobilienmarktes beeinflussen. Eine Ausnahme bildet das Nahversorgungssegment, welches perspektivisch keine Probleme auf der Angebots- und Nachfrageseite haben dürfte. Doch die Nahversorger allein werden das Transaktionsvolumen nicht tragen können. Sollten wir im nächsten Jahr wieder Ausnahmetransaktionen sehen, könnte das Transaktionsvolumen in Verbindung mit der verbesserten Finanzierungssituation und den angepassten Preisen sogar etwas höher ausfallen als 2023.
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