Handelsinvestmentmarkt Deutschland

Publikation

Market in Minutes: Handelsimmobilienmarkt Deutschland

 

Nahversorgungssegment stützt Transaktionsvolumen

Der Investmentmarkt für Handelsimmobilien kann auf das umsatzstärkste Quartal im bisherigen Jahresverlauf zurückblicken. Zwischen Juli und September wechselten Immobilien mit einem Volumen von 1,8 Mrd. Euro den Eigentümer. In Summe betrug das Transaktionsvolumen für das laufende Jahr damit ca. 4,7 Mrd. Euro, was gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres einen Rückgang von 32 % bedeutet. Im Gegensatz zu anderen Segmenten am Gewerbeinvestmentmarkt verzeichnete der Handelsimmobilienmarkt damit den geringsten Rückgang und blieb vergleichsweise liquide. So war der Handelsimmobilienmarkt mit einem Anteil von 32 % am Gewerbeinvestmentvolumen wie in den Quartalen zuvor die umsatzstärkste Nutzungsart. Und wie in den Quartalen zuvor hat eine großvolumige Transaktion das Transaktionsvolumen gestützt: die milliardenschwere Übernahme sämtlicher 188 Nahversorgungsimmobilien durch Slate Asset Management von X+bricks. Schon mit Beginn der Pandemie hat sich eine deutliche Zweiteilung am Handelsimmobilienmarkt abgezeichnet: Auf der einen Seite steht ein robustes Nahversorgungssegment und auf der anderen Seite gewissermaßen der Rest des Marktes, der mit zahlreichen strukturellen Veränderungen konfrontiert ist. Diese Zweiteilung hat dazu geführt, dass der Begriff ‘Handelsimmobilienmarkt’ die Komplexität des Sektors nicht mehr angemessen beschreibt. Stattdessen sehen wir eine wachsende Diversifizierung innerhalb des Sektors, wobei jedes Segment seine eigenen spezifischen Dynamiken und Herausforderungen aufweist.


Händler als Investoren

Ein Blick auf das Transaktionsgeschehen im bisherigen Jahresverlauf macht die Teilung noch deutlicher. Während Fachmarktzentren mit 588 Mio. Euro, Geschäftshäuser mit 464 Mio. Euro und Shopping-Center mit 504 Mio. Euro Transaktionsvolumen einen Umsatzrückgang von etwa 60 % bis 80 % hinnehmen mussten, verzeichnen Supermärkte und Discounter ein deutliches Umsatzplus (+ 80 %). Dabei werden die ca. 1,8 Mrd. Euro Transaktionsvolumen maßgeblich von zwei großvolumigen Portfoliotransaktionen getragen. Das macht das Nahversorgungssegment neben Logistik derzeit scheinbar zum einzigen Segment am Gewerbeinvestmentmarkt, das für großvolumige Portfoliotransaktionen noch liquide ist. Bei den beiden Transaktionen handelt es sich neben der Übernahme der X-bricks-Immobilien durch Slate Asset Management um das Royal-Blue-Portfolio, bei dem Aldi Süd über siebzig seiner eigenen Märkte von der Allianz gekauft hat. Das Royal-Blue-Portfolio verdeutlicht zwei wichtige Entwicklungen, die in diesem Segment in den letzten Monaten zu beobachten waren. Zum einen scheinen einige Investoren das Risiko kurzer Mietvertragslaufzeiten als weniger bedeutsam einzustufen. Dies könnte auf das überdurchschnittliche Mietwachstum und die Erwartung quasi sicherer Mietsteigerungen zurückzuführen sein. Zum anderen sind Lebensmitteleinzelhändler vermehrt als potenzielle Käufer präsent, was die Nachfrageseite zusätzlich stützt. Durch den Erwerb eigener Immobilien sichern sich Händler nicht nur ihre Standorte, sondern entziehen sich auch teilweise der aktuellen Mietpreisentwicklung. 


Mangelnder Cashflow als Auslöser für Notverkäufe?

Im deutlichen Kontrast dazu zeigt sich die Entwicklung am Shopping-Center-Markt. Hier zeichnet sich eine rückläufige Mietpreisentwicklung ab, begleitet von wachsendem Leerstand. Nach unseren Zahlen weisen bereits heute etwa 15 % der deutschen Shopping-Center einen Leerstand von mehr als 20 % auf. Die stagnierenden oder sinkenden Mieten in Verbindung mit zunehmenden Leerstand könnten den Verkaufsdruck der Eigentümer bei anstehenden Refinanzierungen erhöhen. Denn einige Eigentümer dürften vor der Herausforderung stehen, die gestiegenen Zinsen nicht mehr aus dem Cashflow ihrer Center bedienen zu können. Zudem dürften die Kapitalwerte vieler Center mittlerweile unter ihrem ursprünglichen Verkaufspreis liegen, was die Refinanzierung weiter erschwert. Daher könnten Shopping-Center nach Projektentwicklungen das Segment sein, in dem sich als nächstes Verkäufe zur Liquiditätssicherung anbahnen und mehr Transaktionen verzeichnet werden könnten.


Spitzenrendite steigt fast überall

Die Spitzenrendite stieg im 3. Quartal in nahezu allen Segmenten um weitere 20 Basispunkte. So lag die Spitzenrendite von Supermärkten und Discountern per Ende September bei 4,7 %. Innerhalb von einem Jahr ist sie damit um 90 Basispunkte gestiegen. Stärker fiel der Anstieg nur noch bei Fachmarktzentren aus, die mit einem Plus von 100 Basispunkten gegenüber dem Vorjahresquartal nun bei 5,1 % liegen. Für Geschäftshäuser und Shopping-Center weisen wir nach wie vor Renditespannen aus. So stieg die Spitzenrendite bei Geschäftshäusern von vormals 3,8 % - 4,2 % auf 4,0 % - 4,4 %. Stabil blieb die Renditespanne der Shopping-Center bei 5,3 % - 5,7 %. Hier fand die große Preiskorrektur im Gegensatz zu anderen Handelssegmenten nicht erst mit einsetzender Zinswende statt, sondern bereits zu Beginn der Pandemie. Daher fiel hier der Renditeanstieg im Vergleich zu anderen Segmenten zuletzt moderat aus. 


Käuferstruktur im Umbruch

Aktuell befinden sich zahlreiche Bestandshalter noch in einer komfortablen Situation und wir haben wenig Verkaufsdruck registriert. Mit einem regeren Transaktionsmarkt dürfte deutlich werden, wie stark sich die Käuferstruktur am Handelsimmobilienmarkt geändert hat. Das ist zum Teil der Zinswende geschuldet, doch auch schon vorher befand sich der Markt im Transformationsprozess und Handelsimmobilien wurden immer seltener als Core-Objekte eingestuft. So dürfte der Sektor künftig die Spielwiese für wertsteigerungsorientierte Investoren werden, während sich konservative Kapitalgeber weitgehend aus dem Markt zurückziehen. 

Alle Abbildungen und die zugehörigen Daten können Sie hier herunterladen.